Statements
...ueber HDH

Viele Menschen haben wir befragt zu ihren Gedanken über HDH. Enge Freunde, Wegstreckenbegleiter, Fans und Menschen, die ihm in seinem Leben wichtig waren. Hier sind einige Statements zum Menschen, Künstler, Volksphilosophen Hanns Dieter Hüsch. Weitere folgen in nächster Zeit.

Ulla MeineckeUlla Meinecke (Hüsch hielt die Laudatio, als 1984 der ‘Deutsche Kleinkunstpreis / Chanson, Musik, Lied’ an Meinecke verliehen wurde):
»Hanns Dieter mochte ich sehr gerne und ich habe das,was er gemacht hat immer sehr bewundert, so eigen und so spinnig. Traurig, dass ich nicht mehr mit ihm sitzen kann und ... ja, der Lebensweg ist zu Ende. Ich mochte ihn sehr gerne, habe ihn sehr bewundert und er war ein unglaublich freundlicher Mann.«
Georg Schramm

Georg Schramm
(Hüsch übergab 1991 den ‘Deutschen Kleinkunstpreis’ an Schramm):
»H.-D. Hüsch ist neben Wolfgang Neuss der einzige Kollege, von dem ich ein ganzes Programm geradezu auswendig lernte (und auch konnte): "Das schwarze Schaf vom Niederrhein". Sollte jemals "Das große Buch der deutschen Stämme" geschrieben werden, gebührt Hüsch, dem schwarzen Schaf, dort ein Ehrenplatz.«


SilviaJost1Silvia Jost
(Hüschs Lebens- und Bühnenpartnerin von 1973 bis 1979):
»Kennengelernt habe ich Hanns Dieter Hüsch in der Kellerbühne St. Galllen  in der Schweiz, anlässlich seines Programms "Enthauptungen". Diese schicksalshafte Begegnung sollte sich schlagartig zu einer über sechs Jahre dauernden , gemeinsamen Lebenswegstrecke entwickeln. Wir lebten zusammen in Bern und 1974 kam es zur Uraufführung unseres gemeinsamen Duo Programms "Faux-pas-de-deux", ebenfalls  in der Kellerbühne St. Gallen. Später gastierten wir damit in verschiedenen Schweizer Städten und beim WDR in Köln. 1978 enstand der ‘SisyphusCircus 1910’ und das Fünf- Personen- Stück "Hoffnung und Zärtlichkeit (Ein Kunststück auf Leben und Tod)”. Gezeigt  u. a. bei den Berliner Festwochen und  im Fernsehen beim ZDF. Ebenso unvergesslich, wie die ganze farbige, intensive Zeit mit Hanns Dieter, ist mir auch die Zusammenarbeit für die SDR- Fernsehserie "Die kleine Heimat" in lebendiger Erinnerung geblieben.

Hanns Dieter, Du warst und bleibst für mich ein grossartiger Mensch, eine  unverwechselbare Künstlerper-
sönlichkeit, die so viele Menschen zu begeistern vermochte! Auch Deine Texte , die Du uns hinterlassen hast, empfinde ich als grosses, bereicherndes Geschenk. - Ich danke Dir für die gemeinsame Zeit, die mich menschlich- künstlerisch geprägt hat.  Du gehörst zu meinem Leben und in meinem Herzen lebst Du weiter.«


Manfred MaurenbrecherManfred Maurenbrecher
(Hüsch übergab den ‘Deutschen Kleinkunstpreis / Chanson, Musik, Lied’ 1991 an “Mauri” Maurenbrecher ):
»Meine erste Begegnung mit HDH: in seiner Garderobe nach einem Auftritt, umringt von vielen, die seine Freunde, Freundinnen sein wollten. Glücklich und fremd zugleich. - Der Einsame, der Viele braucht. Gemeinschaftsmensch, der beiseite trat. Dessen Klarheit und Witz aus dem Schock zwischen diesen zwei Lebensformen gewonnen wurde. Der mit Witz und Klarheit die Trauer des Leben übertönte, so gut es ging. Es ging sehr gut. HDH: Der große fahrende Dichter.«

Schauen Sie sich Hüschs Laudatio an “Mauri” in einem Videoausschnitt bei YouTube an.


Henryk M BroderHenryk M. Broder
(Broder zitierte Hüsch 2007 in der Frankfurter Paulskirche bei der Verleihung des Ludwig-Börne-Preises in seiner Dankesrede mehrfach):
»Ich weiß nicht mehr genau, wann ich Hanns Dieter Hüsch das erste Mal gehört und gesehen habe. Es muss, denke ich, Anfang bis Mitte der 60er-Jahre gewesen sein. Hüsch trat damals in einem knallroten Nicki-Wollpullover auf - das war sein Markenzeichen - und spielte nicht auf einer kleinen Orgel, sondern immer auf einem schwarzen Konzertflügel. Er musste sich dabei immer etwas nach rechts drehen, um quasi über die Schulter zum Publikum zu sprechen. Es empfahl sich, nicht in der linken Saalhälfte zu sitzen, man bekam dort von seiner Mimik nicht viel mit.

Ich saß damals also, ein sechzehnjähriger Unter- oder Obersekundaner, mitten unter Studenten, die sich gegenseitig siezten und mir furchtbar alt vorkamen und genoss den Anschauungsunterricht, was man - was einer - mit der Sprache machen kann. Ich erinnere ich an zwei Stücke, die mich damals maßlos beeindruckten: die Beschreibung einer abendlichen Familienszene und einen Text, der mit dem Satz anfing: "Ach schick doch dein Kind auf ein humanistisches Gymnasium...", in dem Hüsch durch Wortspielereien ("Mens sana in corpere sanatorium") die bildungsbürgerlichen Ideals als einen Haufen Lüge und Verklemmung entschleierte. Ich blieb an Hüsch dran, besuchte fast jedes seiner 'Konzerte', lernte ihn irgendwann kennen, machte eine größere Radio-Sendung mit Hüsch und 1982 zusammen mit Frans van der Meulen einen Hüsch-Film fürs Fernsehen.

War Hüsch damals das geistige Gegenstück zu den promovierten Ignoranten, die sich anmaßen, uns zu erziehen, so ist er heute für mich so etwas wie ein Programm für eine Lebenseinstellung, die ich 'alternativ' nennen würde, wäre dieser Begriff nicht so schrecklich abgedroschen und von den Makrobioten nicht so eindeutig besetzt. Mit 'alternativ' meine ich etwas anderes, etwas, wofür es keine fertigen Etiketten gibt. Ich bin im Laufe der Jahre immer mehr ein Hüschianer geworden. Hüsch hat mich überzeugt, dass es richtig ist, das Leben als eine Art Parodie auf sich selbst zu begreifen.«


Karl-Heinz SchmiedingKarl-Heinz Schmieding
(ehem. Kabarettredakteur und Hörfunk-Unterhaltungschef des SR. Hob zusammen mit Hanns Dieter Hüsch 1973 den ‘Gesellschaftsabend’ aus der Taufe, von dem sich beide gemeinsam im Jahre 2001 verabschiedeten):
»November 1968. Eine meiner ersten Kabarettveranstaltungen im Großen Sendesaal des Saarländischen Rundfunks mit Hanns Dieter Hüsch als Moderator. Unter den Mitwirkenden Schobert & Black, Colin Wilkie & Shirley Hart und das Schnuckenack-
Reinhardt-Quintett. Ich war gleich doppelt aufgeregt - als frischgebackener Kabarett-
redakteur und als frischgebackener Vater; in der Nacht zuvor war mein erster Sohn auf die Welt gekommen.

Hüsch hatte damals ein ziemlich politisches Programm. Einer der Höhepunkte: das Lied “Frieden hinieden“. Es endet mit der vierfach wiederholten Stakkato-Forderung „Drum verändert das System!“ Und dann mitten in Hüschs Moderation die für mich völlig überraschende Wendung ins Private: ein Programm-
punkt, der in keinem Ablaufplan verzeichnet war. Hüsch eröffnete dem Publikum unter Hinweis darauf, daß er schon immer ein Freund des Privaten gewesen sei, der Redakteur der Sendung sei Vater geworden. Und daher werde er dem neuen Erdenbürger nun ein Wiegenlied singen. Riesenbeifall und in der Tonregie ein total gerührter Vater.

Ich hüte sie seitdem wie meinen Augapfel - die Bandaufnahme dieses nachdenklich-kritischen und zugleich tröstlichen Wiegenlieds, die, wie der neue Erdenbürger von damals, bald vierzig Jahre alt wird.«

(Anm.: Das “Wiegenlied“ war übrigens ebenfalls 1968 in Hüschs „Archeblues und andere Sprechgesänge“ erschienen.)


Konstantin Wecker (Hüschs guter Freund über viele Jahre, dessen erste Wahl als Komponist der ‘Hagenbuch’-Musik. Auf Weckers Album ‘Vaterland’ enthalten ist Hüschs “Kennst Du diese plötzlichen Sekunden?”)
»Ohne Übertreibung: Hanns Dieter Hüsch war mein größter Lehrmeister. Er hat mir sehr geholfen, ihn habe ich häufig imitiert. Über Hüsch habe ich auch Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder kennengelernt. Um nicht zu sagen ...

W. hat jetzt zugegeben, so Hagenbuch, dass er phasenweise,
vornehmlich in seiner frühen Phase, hemmungslos und ohne Skrupel
sich bei Hüsch bedient habe, ja sogar seine Gesten und seine Mimik akribisch studiert
und in den eigenen Redefluss und Sprachduktus mit einbezogen habe,
bis man ihm sogar öffentlich vorgehalten habe er hüsche zu sehr.
Worauf er geantwortet haben soll: Man könne nie zu sehr hüschen,
es würde im Gegenteil viel zu wenig gehüscht
und es müsse viel mehr gehüscht werden auf deutschen Bühnen,
Bühnen, die eine schreckliche Leere befallen habe, seit er, Hüsch nämlich,
nicht mehr unterwegs sei, wie es so seine Art gewesen unterwegs zu sein,
mit teilweise drei Auftritten pro Tag, und insgeheim, so Hagenbuch, vermute W. bei ihm, Hüsch,
das doch eher seltene und sonst höchstens bei Heiligen anzutreffende Phönomen
der Bilokation, denn wie anders sei es sonst bitte möglich
an einem Tag beispielsweise in Saarbrücken und Zwiesel zu gastieren,
in Berlin zu predigen und im WDR über Poesie zu sinnieren?
Aber bei ihm wundere ihn gar nichts mehr,
er sei eben einmalig in jeder Beziehung, unerreichbar, und W.,
so Hagenbuch - der ihn auch sehr vermisse - sei unsagbar traurig ihn nicht mehr live zu erleben,
den väterlichen Freund, den Mentor und Ratgeber,
mit dem es sich nächtens so gut plaudern habe lassen,
der ihm oft ganz schön deutlich und doch so liebevoll
ins Gewissen geredet habe, als er, W., sich zu entgleiten in Gefahr gewesen sei.
Und er denke voll Dankbarkeit an den ersten Gesellschaftsabend im SR,
als ihn Hüsch in die Gesellschaft der Kleinkünstler und Gaukler einführte,
der Wortverdreher und Musikakrobaten
und ihm sozusagen den Ritterschlag gab, mit den Großen der Zunft auftreten zu dürfen.
Ihm, W., so Hagenbuch, stehe er noch deutlich vor Augen,
der kleine, fast unscheinbare Mann, der auf der Bühne plötzlich so groß werden konnte,
so Raum füllend, so atemberaubend den Saal beherrschend,
und er denke noch oft an diesen liebevollsten aller Spötter
und er fehle ihm gerade jetzt, in einer Zeit, die unzählige Witzbolde gebäre,
aber keinen verrückten und seitlich umgeknickten Poeten wie Hüsch,
dessen Menschlichkeit Berge versetzen könne.
Ja, und er träume ab und an davon, ihn noch einmal erleben zu dürfen
in einem kleinen Club am besten, wie jenem ‘Atelier Jean’ in München,
damals, vor vierzig Jahren, vor gerade mal vierzig Leuten -
aber das bleibe ja für immer aufgezeichnet in seinem Herzen,
das könne ihm keiner mehr nehmen, das gehöre zum Kostbarsten was er, W., besitze,
so Hagenbuch, und der stimme W. unbedingt zu, auch wenn er, Hagenbuch,
damals noch gar nicht aus Hüschens Feder entsprungen sei.«


Mahnert1974Detlev Mahnert (... war bei ‘Olympia 1972’ Stadionsprecher):
»Hanns Dieter Hüsch habe ich 1968 kennen gelernt und daraus wurde eine lebenslange Verbundenheit. Die persönlichen Begegnungen blieben auf die Tage in Essen beschränkt, aber wann immer er später in Essen auftrat, war ich dabei.

Das gesungene Flugblatt”, schrieb er damals für das 'Song-Magazin', die offizielle Broschüre der Songtage, “wird das effektivste Lied der Zukunft sein. Darin  liegen Fortüne und Dilemma des Protestsongs,
dem das Auftaktkonzert der Internationalen Essener Songtage (“Ein deutscher Liederabend”) gewidmet ist.” Hüschs These, die ich ihm nie wirklich geglaubt habe, war program- matisch für die 68-er Bewegung: Sie fasste eine Tendenz zusammen, die in der Liedermacher- Szene offenkundig geworden und auch an den Lied-Tagen, die seit 1964 auf der Burg Waldeck im Hunsrück veranstaltet wurden, nicht spurlos vorüber gegangen war. Dort sollte ja eigentlich - auch unter Mithilfe anerkannter ausländischer Folksänger - das “echte”, will heißen: nicht rechts-konservative deutsche Volkslied reanimiert werden.

Aber von Beginn herrschte bei diesem Treffen der Liedermacher und Folk-Sänger nicht nur eitel Harmonie. Nach den ersten Auseinandersetzungen der sich als “links” verstehenden Waldecker mit
dem ortsansässigen, eher national-konservativen 'Nerother Wandervogel' wurde die zunehmend politische Ausrichtung des Sängertreffens allmählich zum Problem. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Studentenbewegung die Waldeck für sich beschlagnahmte. Traurigstes Beispiel für den Dogmatismus und die Kunst- feindlichkeit der Neuen Linken war dann 1968 gerade der Auftritt von Hanns Dieter Hüsch, der schon nach zwei Liedern abgebrochen werden musste. Ein “Kitschgemüt mit Goldbrokat” sei er, wurde ihm vorgeworfen, und er sollte Auskunft geben, warum er “immer so unterhaltend” sein wolle.

Diese Auseinandersetzung wurde auch in die im September 1968 folgenden Internationalen Essener Songtage hineingetragen, bei denen Hüsch einer der wichtigsten Protagonisten und u.a. Moderator war. Er fühlte sich verunsichert, trat zunächst - mit viel Erfolg und von der Kritik gerühmt - am ersten Abend zusammen mit Franz-Josef Degenhardt und Dieter Süverkrüp auf, weigerte sich jedoch (nachdem Degenhardts legendäre Verszeile “Poesie ist Krampf im Klassenkampf” bejubelt worden war) bei einem weiteren Konzert auf die Bühne zu kommen und moderierte schließlich vor einem Publikum von Chansonfreunden, die wegen der Musik und nicht wegen der Revolution gekommen waren, die letzte Chansonveranstaltung der Essener Songtage, sang dort auch selbst und wurde nicht mehr ausgebuht.

Natürlich war Hanns Dieter Hüsch als Künstler genauso abhängig von der Zeit, in der er lebte und sich bewegte - 1968 auf der Waldeck und bei den Songtagen schien er mit seiner Che Guevara-Mütze sogar einer der Revolutionäre zu sein. Hüsch hat durchaus auch linke Lieder geschrieben, etwa das “Monotone Lied”, und im Lied von der Solidarität sagt er “... drum sollte man zur rechten Zeit den Menschen linke Träume geben”. Auch der Marsch der Minderheit hat sicher etwas von einem Kampflied, aber dennoch hat Hüsch sich in keine der Schubladen zwängen lassen, die man für ihn geöffnet hatte. Betrachtet man sich das “Monotone Lied” etwas genauer, dann enthält es auch Hüschs zentrales Glaubensbekenntnis: Die Liebe zum Menschen. Er konnte nicht hassen. Und deshalb fragte er sich, warum auf den Gesichtern der jungen Leute, die so sicher waren, im Besitz der Wahrheit zu sein und mit dieser Wahrheit zu siegen, so selten das Lächeln der Sieger zu sehen war. Hüsch wollte sich nie vor einen ideologischen Karren spannen lassen, war nicht Repräsentant einer erstarrten Idee,  sondern eher einer der 'abstrakten Humanisten', die von den dogmatischen linken Kunstverächtern abgelehnt wurden.

Hanns Dieter Hüsch wollte zeitlebens nicht die Welt verändern, sondern Menschen trösten, ihnen helfen und Mut machen.

(Anmerkung: Mehr über Hüsch und das Jahr 1968 gibt es zu lesen im Buch von Detlev Mahnert “Zappa, Zoff und Zwischen-
töne. Die Essener Songtage 1968.”, Klartext-Verlag/Essen)

ZONO hat Huesch im Programm